Muss ich jetzt alles saubermachen, waschen und desinfizieren?
Kann ich mich an herausgefallenen Nissen (Lause-Eiern) anstecken?
Warum wird in anderen Quellen 4 Wochen Plastiktütenverwahrung empfohlen?
Spielen Hygiene, Bildung, Einkommen oder Wohnverhältnisse eine Rolle?
Werden die Kopfläuse in den Ferien aus dem Ausland eingeschleppt?
Warum ist eine solide Studie zur Kopflausbehandlung so aufwändig?
Dürfen Kinder mit Kopfläusen in die Schule oder den Kindergarten?
Brauche ich für die Schule oder KiTa ein Attest nach einem Befall?
Muss ein Kind sofort nach Hause, wenn ein Befall festgestellt wird?
Kann man Kinder, die ständig Kopfläuse haben, vom Unterricht ausschließen?
Kopfläuse verlassen nicht freiwillig ihren Wirt und sie fallen auch nicht einfach so aus dem Haar. Die Übertragung erfolgt von Kopf zu Kopf durch Haarkontakt. In einer australischen Studie wurden in einer Grundschule 1000 Mützen untersucht und keine einzige Laus gefunden. Auf den Köpfen der Kinder fand man hingegen 4500 Läuse. In einer anderen Studie wurden keine Läuse auf dem Boden und den Möbeln der Klassenzimmer gefunden, jedoch 14000 Läuse auf den Köpfen der 2200 Schüler. In der gleichen Studie wurden bei 48 stark befallenen Schülern die Kopfkissen untersucht und man hat nur bei zweien Läuse auf dem Kopfkissen gefunden. Haben Läuse den Kopf erstmal verlassen, werden sie schnell träge und unbeweglich. Sie verhungern nach spätestens 3 Tagen.
Bedenken Sie auch folgendes: Wenn Kopfläuse z.B. über die berüchtigten Kopfstützen im Bus übertragen würden, müsste es Berichte über spontan infestierte Erwachsene geben, die keinen Kontakt mit befallenen Kindern hatten. Das ist aber nicht der Fall: Sind Erwachsene betroffen, handelt es sich um Erzieher, Eltern oder seltener Lehrer und meist wird die Quelle bald unter den Kindern ausfindig gemacht.
Es ist natürlich nicht völlig auszuschließen, dass es auch andere Übertragungswege gibt, als den von Kopf zu Kopf. Vieles ist vorstellbar. Die Forschungsergebnisse legen jedoch nahe, dass diese anderen Wege praktisch keine Rolle spielen. Abgesehen davon, sind die Läuse und ihre Eier mit bloßem Auge sichtbar. Sie können also Ihre Kopfkissen und Kuscheltiere auch einer Sichtkontrolle unterziehen, wenn Sie Zweifel haben. Die Anwendung von Insektensprays ist überflüssig.
Kämme und Bürsten sollten Sie reinigen und wenn möglich jedem Familienmitglied ein eigenes Exemplar zuweisen. Kopfläuse können beim Kämmen zwischen den Zinken eingeklemmt und danach wieder ausgestrichen werden.
Wenn Sie sich besser fühlen, nachdem Sie die Kleidung und Bettwäsche gewechselt und den Staubsauger geschwungen haben, wollen wir Sie natürlich nicht abhalten. Wir halten es jedoch für wichtiger, dass Sie erstmal alle Familienmitglieder mit der Methode “Auskämmen mit Pflegespülung” untersuchen und diese Methode einsetzen, um den Behandlungserfolg zu prüfen. So erkennen Sie eine Wiederansteckung frühzeitig, unabhängig davon, ob sie nun von einem Menschen oder einem Gegenstand kommt.
Wenn Sie die einschlägigen Maßnahmen (Wäschetrockner, 60 Grad Wäsche, Staubsaugen, Tiefkühlen, geschlossene Plastiksäcke) trotzdem durchführen wollen, so tun sie dies jeweils gleichzeitig mit der Behandlung der Köpfe. Eine häufigere, gar tägliche Wiederholung bringt keinen zusätzlichen Nutzen und schürt nur die Panik in der Familie.
Quellen: Juranek D. Pediculus capitis in schoolchildren: Epidemiologic trends, risk factors and recommendations for control. In: Orkin M, Maibach HI (eds), Cutanious Infestations and Insect Bites. New York: Marcel Dekker 1985; 199-211 Spear R, Thomas G, Cahill C. Head lice are not found on floors in primary school classrooms. Aust N Z J Public Health 2002; 208-11.
Die Eier der Kopfläuse werden mit einem unlöslichen Kleber an den Haaren festgeklebt. Wenn so ein Ei herausfällt, dann nur bei Haarausfall mit dem Haar zusammen. Falls Sie mal versucht haben, ein Lause-Ei zu entfernen, wissen Sie, dass das gar nicht so leicht ist. Ausserhalb des Kopfes fehlt dem Ei die nötige Brutwärme und Feuchte. Sollte es trotzdem schlüpfen, verhungert die Läuselarve ohne ihre erste Blutmahlzeit in weniger als einer Stunde. Alles in allem halten wir die Ansteckung an herausgefallenen Eiern für noch unwahrscheinlicher als die an herausgefallenen Läusen.
Nein. Die Wirkstoffe zur Kopflausbehandlung sind nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen. Deswegen sollen sie nur eingesetzt werden, wenn auch Kopfläuse vorhanden sind. Untersuchen Sie Familienmitglieder (auch die Eltern) mit der Methode “Auskämmen mit Pflegespülung” und entscheiden Sie dann, ob eine Behandlung nötig ist. Abgesehen davon ist eine vorsorgliche Behandlung Geldverschwendung, belastet die Umwelt und kann die Bildung von Resistenzen begünstigen.
Immer noch lesen Sie die Empfehlung, Gegenstände wie z.B. Kuscheltiere bis zu 4 Wochen in abgeschlossenen Plastiktüten zu verwahren. Die Annahme, die zu dieser Empfehlung führte, ist folgende: Eine verirrte (und wohl auch verwirrte) Laus hat versehentlich auf dem Kuscheltier ein Ei gelegt. Dieses Ei reift nun auf dem Kuscheltier heran, obwohl die Brutwärme und Feuchte nicht stimmt und es schlüpft dann evtl. eine Larve, die allerdings relativ unbeweglich ist und innerhalb einer Stunde einen passenden Kopf erreichen muss, um nicht auszutrocknen. Um diese Art möglicher Wiederansteckung zu verhindern, soll man nun Gegenstände in Plastiktüten “lausdicht” aufbewahren. Alles in allem wäre das eine Verkettung von sehr unwahrscheinlichen Vorgängen und deswegen ist die Empfehlung der 4 wöchigen Plastiktütenverwahrung nicht mehr Stand der Dinge.
Bei Verwendung eines Läusemittels ist eine Wiederholungsbehandlung nach 8-10 Tagen immer anzuraten, denn nach der ersten Behandlung schlüpfen in der Regel noch Läuse nach, die durch eine zweite Anwendung abgetötet werden müssen, bevor sie ausgewachsen sind und Eier legen können. Diese nachschlüpfenden Läuse können natürlich Juckreiz auslösen. Bei dieser Frage ist folgendes zu bedenken:
Der Juckreiz nach der ersten Behandlung kann eine Nebenwirkung des Läusemittels sein. In dem Fall verschlimmert sich das Problem, wenn Sie zusätzliche Behandlungen durchführen.
Auch wenn Sie eine zusätzliche Behandlung z.B. nach 4 Tagen durchführen, dürfen Sie die Behandlung 8-10 Tage nach Behandlungsbeginn nicht ausfällen lassen, denn auch zwischen Tag 4 und 8 schlüpfen noch Läuse nach.
Anstelle zusätzlicher Behandlungen mit Läusemittel, können Sie bei Juckreiz die nachgeschlüpften Läuse mithilfe der Methode “Auskämmen mit Pflegespülung” entfernen.
Es gibt verschiedene Ursachen, warum eine Behandlung fehlschlagen kann. Einige haben wir nachfolgend für Sie aufgelistet. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Läuse immer wieder kommen und ihr Arzt oder Kinderarzt Ihnen nicht weiterhelfen kann, wenden Sie sich an das örtliche Gesundheitsamt. Häufig sitzen dort die Fachleute für die Läuse. Außerdem kann das Gesundheitsamt bei Bedarf in der Gemeinschaftseinrichtung tätig werden, die Kinder dort untersuchen, das Personal und die Eltern aufklären usw.
Zu beachten ist, dass das Verbleiben von Nissen/Eiern ganz normal ist, und dass nach der erstmaligen Behandlung noch Larven nachschlüpfen können. Diese deuten nicht auf eine fehlgeschlagene Behandlung hin, müssen jedoch durch eine zweite Anwendung nach 8-10 Tagen abgetötet werden.
Eine mögliche Ursache sind Fehler bei der Anwendung der Kopflausmittel. Wenn Sie z.B. ein Handtuch nach dem Aufbringen des Mittels um den Kopf binden, kann der Wirkstoff dadurch aufgesogen werden und verbleibt nicht lange genug im Haar. Evtl. haben sie zu wenig aufgetragen, oder nicht lange genug einwirken lassen. Gehen Sie streng nach Vorschrift der Hersteller vor.
Es ist allerdings berichtet worden, dass auch bei vorschriftsmäßiger Anwendung nicht immer die gewünschte Wirkung erzielt wird. Dies kann an Unempfindlichkeit (Resistenz) der Läuse gegen den Wirkstoff liegen.
Wird das Mittel nach einer Haarwäsche angewendet, kann es durch zu nasses Haar zu stark verdünnt werden und deswegen nicht mehr ausreichend wirken.
Es gibt durchaus nachvollziehbare Zweifel, ob der Behandlungszyklus mit einer Wiederholungsbehandlung nach 8-10 Tagen zum Lebenszyklus der Läuse passt. Deswegen kann es gelegentlich passieren, dass nach der zweiten Behandlung noch ein Ei ausschlüpft. 3 Nachkontrollen im Wochenanbstand mit der "Auskämmen mit Pflegespülung" Methode sind unerläßlich, um solche Behandlungsdurchbrecher zu erkennen.
Außerdem besteht die Möglichkeit der Wiederansteckung. Dies wird insbesondere begünstigt, wenn Sie den Kopflausbefall geheim gehalten haben. Denn die Ansteckungsquelle läuft vielleicht noch unentdeckt herum. Auch ein Aushang oder Schreiben an die anderen Eltern reicht nicht immer aus, denn viele Eltern wissen nicht, wonach sie suchen müssen. Informieren Sie die Eltern, zeigen Sie Anschauungsmaterial herum, verleihen Sie ihren Bug Buster Kamm. Wenn Sie den Eindruck haben, dass sie sich über einen längeren Zeitraum immer wieder anstecken und die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung unternimmt trotz ihrer Mitteilung nichts, rufen Sie selbst beim Gesundheitsamt an und bitten Sie um Unterstützung. Um das Kreisen der Läuse zu durchbrechen, können Sie zusammen mit der Einrichtung einen Bug Busting Day organisieren oder an unserer Kampagne teilnehmen.
Aus den Erfolgsquoten internationaler Studien zur Kopflausbehandlung kann man abschätzen, dass jede dritte bis vierte Behandlung fehlschlägt. Sie müssen also nicht in Panik geraten, wenn die Läuse nicht auf Anhieb verschwinden, Sie sind nicht allein mit diesem Problem. Manchmal ist es mit einer dritten Behandlung mit dem gleichen Mittel getan, manchmal müssen Sie noch auf einen anderen Wirkstoff oder ein anderes Wirkprinzip ausweichen. Auf jeden Fall sollten Sie die Situation durch sorgfältige Auskämm-Diagnosen im Auge behalten.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine Möglichkeit für das Fortbestehen eines Kopflausbefalls ist, dass es sich gar nicht um Kopflausbefall handelt, sondern eine Fehldiagnose gestellt wurde. Insbesondere, wenn Sie sich auf indirekte Diagnosen wie das Suchen von Eiern/Nissen oder das Vorhandensein von Juckreiz verlassen, behandeln Sie vielleicht etwas, das nicht oder nicht mehr da ist. Es gibt Schuppen, die wie kleine Röhrchen auf die Haare aufgefädelt sind (Peripilar keratin casts) und Nissen sehr ähnlich sehen, weshalb sie auch Pseudo-Nissen genannt werden. Es kommt zu Verwechslungen mit eingetrocknetem Haarspray oder Gelresten sowie gewöhnlichen Schuppen. Außerdem besteht bei der Inspektionsdiagnose immer die Gefahr, Nissen aus überwundenen Infestationen für das Zeichen eines akuten Kopflausbefalls zu halten.
Quelle: Gesundheitsamt Wiesbaden, Wissenswertes über Kopflausbefall Burgess, I How to advise a patient when over the counter products have failed BMJ 2003;326:1257
Nein. Weder das Infektionsschutzgesetz noch das Robert Koch-Institut verlangt die Entfernung von Eiern/Nissen. Tatsächlich sind die verbleibenden Eihüllen nur unansehnlich, bedeuten aber keine Gefahr. Eine Behandlung, die auf Entfernen der Eier beruhte, wäre langwierig und aussichtslos, weil der Klebstoff der Eier so schwierig zu lösen ist und weil Sie kaum alle Eier finden können.
Deswegen beruhen alle hier vorgestellten Wirkprinzipien darauf, die vorhandenen und nachgeschlüpften Läuse zu töten oder zu entfernen, bevor von diesen eine neue Ansteckungsgefahr ausgeht und sie neue Eier legen können. Dadurch wird der Lebenskreislauf der Läuse unterbrochen und es verbleiben nur leere Eihüllen bzw. abgestorbene Eier im Haar.
Nein. Kopfläuse sind äußerst wirtspezifisch und können das Blut der Haustiere nicht verdauen. Und das ist ein Problem. Nicht für Sie, aber für die medizinische Forschung, denn wer Kopfläuse für Forschungszwecke züchten will, kann dies nicht auf Tieren tun, sondern muss auf aufwändige Anlagen zurückgreifen, in denen die Läuse über Membranen mit menschlichem Blut gefüttert werden. Wenn also auf dem Fiffi, der Mietze, dem Kaninchen, Hamster oder anderen tierischen Freunden etwas kreucht und fleucht, sind das tierspezifische Läuse oder Flöhe. Kopfläuse auf Haustieren wären eine wissenschaftliche Sensation.
Quelle: Eberhard Schein (persönliche Mitteilung)
Zu diesen Frage gibt es zahlreiche Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen. Sicher ist, die Hygiene spielt keine Rolle: Häufiges Haarewaschen gibt besonders saubere Kopfläuse. Das Waschen der Haare eignet sich weder zur Bekämpfung, noch um Läuse abzuhalten.
Abgesehen davon, woher soll die Laus denn wissen, wenn Sie im Kindergarten von einem Kopf auf den anderen steigt, ob die Eltern des Kindes ein hohes oder niedriges Einkommen haben?
Quelle: Feldmeier, Pediculosis capitis, Die wichtigste Parasitose des Kindesalters In Kinder- und Jugendmedizin 4/2006; 249-259
Ja, verschiedene Studien zeigen: Mädchen sind häufiger betroffen. Da man in anderen Studien festgestellt hat, dass die Haarlänge keine Rolle spielt, liegt dies vermutlich am Verhalten der Mädchen, die häufiger und länger die Köpfe zusammenstecken als Jungen dies tun.
Quelle: Feldmeier, Pediculosis capitis, Die wichtigste Parasitose des Kindesalters In Kinder- und Jugendmedizin 4/2006; 249-259
Es gibt leider keine Untersuchungen zur Häufigkeit von Kopfläusen in Deutschland. Bei einer Befragung von Grundschulkindern in Düsseldorf wurde immerhin festgestellt, dass 85% der Kinder in der Vergangenheit mindestens einmal von Kopfläusen befallen waren. Man kann also davon ausgehen, dass so gut wie jeder mal dran ist.
In den vergangenen Jahren sind die Verkaufszahlen der Kopflausmittel stetig angestiegen. Daraus abgeleitet gibt es die Vermutung, der Kopflausbefall habe in Deutschland zugenommen. Es gibt allerdings auch andere mögliche Erklärungen, weswegen ein solcher Zusammenhang nicht als gesichert gilt.
Quelle: Richter J, Stöver IM, Walter S u.a. Kopfläuse - Umgang mit einer wieder auflebenden Parasitose. Deutsches Ärzteblatt 2005; 36: 1909-12 Andreas Rauschenbach, persönliche Mitteilung
Dieses Gerücht geht auf eine Beobachtung aus der Arzneimittelindustrie zurück, dass im September und Oktober mehr Mittel zur Kopflausbekämpfung verkauft werden, als in den anderen Monaten des Jahres. Richter u.a. äußerten daraufhin im Ärzteblatt die Vermutung, es gebe einen deutlichen Einfluß von in den Sommerferien “importierten” Kopflausinfestationen.
Mal angenommen es wäre so, müsste das heißen, dass Kinder aus Deutschland im Urlaub mehr infizierten Kindern begegnen als gewöhnlich oder dass sie öfter mit anderen Kindern die Köpfe zusammenstecken, oder beides. Es spricht sicherlich einiges dafür, dass in Ferienlagern die Ausbreitung von Kopfläusen begünstigt wird und die Erkennung und Behandlung behindert. Ob es dabei einen Unterschied macht, in welchem Land das Ferienlager stattfindet, darf aber bezweifelt werden. Auch mag eine Rolle spielen, dass mancher die Kopfläuse erst nach der Rückkehr behandelt, weil die Verständigung mit dem Apotheker in Fremdsprache schwierig ist oder weil man den fremden Medikamenten nicht traut und die Beipackzettel nicht lesen kann.
Eine andere Erklärung könnte sein, dass die Eltern vor Ende der großen Ferien ihre Kinder nochmal zum Friseur schicken, der dann die Läuse entdeckt.
Sicherlich hält sich das Gerücht vom “Kopflausimport” auch deswegen so hartnäckig, weil es eine so schöne Erklärung dafür liefert, dass diese hochtechnisierte Industrienation ihr Kopflausproblem nicht wirklich im Griff hat: Wär ja alles kein Thema, wenn wir nicht jedes Jahr in den Ferien die Läuse wieder einschleppen würden, oder?.
Quelle: Richter J, Stöver IM, Walter S u.a. Kopfläuse - Umgang mit einer wieder auflebenden Parasitose. Deutsches Ärzteblatt 2005; 36: 1909-12 Andreas Rauschenbach, persönliche Mitteilung
Damit Sie einen Eindruck bekommen, was man für eine anerkannte Studie alles benötigt, haben wir einige wichtige Punkte zusammengestellt:
Zunächst sollte für eine Studie das Messverfahren festgelegt werden, mit dem man feststellen will, ob eine Kopflausbefall vorliegt und ob die Behandlung erfolgreich war. Dieses ist die erste mögliche Fehlerquelle, denn wenn man Kinder behandelt, die gar nicht befallen waren, verbessert das natürlich das Behandlungsergebnis, ebenso wenn man nach der Behandlung noch bestehende Infestationen übersieht.
Die Studienbedingungen sollten wirklichkeitsnah sein und der Teilnehmerkreis möglichst wirklichkeitsnah zusammengesetzt (Repräsentativität). Wenn die Wirklichkeit so aussieht, dass die Betroffenen mit einem Rezept nach Hause geschickt werden und dann mit Hilfe des Beipackzettels allein klarkommen müssen, sollte man das auch in der Studie so machen. Haben die Studienteilnehmer besondere Unterstützung oder wird die Behandlung gar von den Forschern selbst durchgeführt, wird das Ergebnis der Studie dadurch verzerrt. Weiterhin muss während der Studie sichergestellt werden, dass die Teilnehmer keine zusätzlichen Behandlungsverfahren einsetzen. (In einer wirklichkeitsnahen Studie wird man nie einen 100%tigen Behandlungserfolg sehen, denn es gibt immer einen gewissen Anteil an Wiederansteckung, wenn die untersuchten Kinder weiter in den Kindergarten und zur Schule gehen. Ausserdem wirken sich Behandlungsfehler und mangelhafte Informationen im Beipackzettel auf das Ergebnis aus).
Da es schon Behandlungsmöglichkeiten für Kopfläuse gibt, werden in der Regel vergleichende Studien durchgeführt. Dabei muss das neue Behandlungsverfahren gegen das beste schon vorhandene Verfahren antreten. Damit man eine solche Studie durchführen darf, muss man darlegen können, warum man annimmt, dass das neue Verfahren besser ist. In der Regel sind deswegen Vorstudien im Labor erforderlich.
Die Zuordnung der Studienteilnehmer zu den verschiedenen Behandlungsverfahren muss zufällig (randomisiert) erfolgen. Wenn sich die Studienteilnehmer aussuchen dürften, welche Behandlungsverfahren sie wählen, würde dies das Ergebnis verzerren, denn möglicherweise wählen die Teilnehmer ein Verfahren, das bei ihnen persönlich in der Vergangenheit besonders gut funktioniert hat
Eine Studie sollte verblindet sein. Im besten Fall wissen weder die Teilnehmer, noch die behandelnden Ärzte, welches Behandlungsverfahren angewendet wird. Das mag noch möglich sein, wenn man zwei Shampoos miteinander vergleicht, ist aber kaum machbar, wenn die Methode Auskämmen mit der Behandlung mit Läusegift verglichen wird. Mindestens sollte man sicherstellen, dass diejenigen, die den Behandlungserfolg prüfen, keine Kenntnis darüber haben, welches Verfahren bei der jeweiligen Testperson angewendet wurde.
Eine Studie kann an mehreren Orten durchgeführt werden (multizentrisch) oder nur an einem einzelnen Studienort (unizentrisch). Die Durchführung an mehreren Orten hat den Vorteil, dass Effekte ausgeschlossen werden, die möglicherweise nur an einem bestimmten Ort anzutreffen sind.
Jeder einzelne Behandlungserfolg wird auch immer von anderen Faktoren beeinflusst als dem gewählten Verfahren. Diese anderen Faktoren wirken zufällig mal zugunsten, mal zuungunsten des Erfolges. Damit das Ergebnis einer Studie nicht übermäßig vom Zufall abhängt (es signifikant genug ist), muss eine ausreichende Anzahl Menschen an der Studie teilnehmen. Bei der Bestimmung der notwendigen Teilnehmerzahl hilft die Mathematik von Zufall und Statistik (Stochastik). Etwas vereinfacht läßt sich sagen: Je undeutlicher das zu erwartende Ergebnis - also je geringer der erwartete Unterschied im Behandlungserfolg zwischen den Gruppen - desto mehr Studienteilnehmer werden benötigt, um eine signifikante Aussage machen zu können, welche Behandlung besser ist. Deswegen begnügen sich viele Studien mit dem Nachweis, dass das neue Mittel genausogut ist, wie das bisher vermutlich beste.
Bevor es losgeht muss man seine Planungen einer Ethikkommission vorlegen, denn hier sollen ja Versuche mit Menschen gemacht werden. Am Ende muss die Forschungsgruppe über genügend Ansehen und Vertrauen verfügen, dass die Studie von einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zur Veröffentlichung angenommen wird.
Diese Anforderungen einzuhalten macht eine Studie teuer und aufwendig. Führt ein Hersteller eine Studie durch, geht er immer das Risiko ein, dass sein Produkt schlechter abschneidet, als schon vorhandene Produkte. Er kann dann zwar auf die Veröffentlichung verzichten, das Geld für die Studie ist aber trotzdem weg. Deswegen entscheidet sich mancher Hersteller, der vielleicht schon vermutet unter diesen Bedingungen keine herausragenden Ergebnisse erzielen zu können, sein Produkt ohne solide Studienergebnisse aufgrund von Versprechungen auf den Markt zu bringen.
Fairerweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Datenlage für die “bewährten” Mittel auch nicht besonders gut ist. Die Wirksamkeitsstudien sind entweder sehr alt, was erst neuerdings aufgetretene Resistenzen außer acht lässt, oder gar nicht in angemessener Form vorhanden, weil die Zulassung aus Zeiten stammt, als man darauf noch keinen Wert gelegt hat. Aktuellere Studien stammen meistens aus dem Ausland.
Diese und die drei nachfolgenden Fragen regelt in Deutschland das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Ergänzt wird die gesetzliche Regelung durch Emfpehlungen des Robert Koch Instituts (RKI).
In §34(1) IfSG heißt es: Personen, die an (hier kommt eine Liste ernstzunehmender Krankheiten) erkrankt ... oder die verlaust sind, dürfen in ... Gemeinschaftseinrichtungen keine ... Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, .... Satz 1 gilt entsprechend für die ... Betreuten mit der Maßgabe, dass sie die ... Räume (der Gemeinschaftseinrichtung) nicht betreten, ... und an Veranstaltungen ... nicht teilnehmen dürfen.
Aha, wer Kopfläuse hat, darf in Gemeinschaftseinrichtungen - das sind nach §33 IfSG insbesondere Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen, Heime, Ferienlager - nicht arbeiten und nicht betreut werden und auch nicht zum Laternenfest gehen.
In §34(5) IfSG ist geregelt, dass infizierte Personen oder deren Eltern der Gemeinschaftseinrichtung unverzüglich Mitteilung machen müssen, wenn ein Kopflausbefall eintritt. Und die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung hat jede Person, die in der Gemeinschaftseinrichtung neu betreut wird, oder deren Sorgeberechtigte über diese Pflicht zu belehren.
Deswegen bekommen Sie zur Begrüssung üblicherweise ein (wegen des häufigen Fotokopierens schwer lesbares) Merkblatt, in dem neben Pest und Cholera irgendwo auch Kopfläuse erwähnt werden.
Es sollte selbstverständlich sein, dass ein Kopflausbefall am Tag der Entdeckung oder, wenn er beim zu Bett bringen bemerkt wird, spätestens am nächsten Morgen behandelt wird. Wir halten es jedoch für übertrieben, wenn bei einer “Razzia” des Gesundheitsamtes die Kinder, bei denen Kopfläuse gefunden wurden, sofort ihre Tasche packen und nach Hause gehen müssen - nachdem diese Kinder nun wochenlang mit den Läusen herumgelaufen sind, ohne dass es jemand bemerkt hat. Schließlich trifft das Kind keine Schuld an dem Befall und die mit so einem Verweis einhergehende Stigmatisierung erscheint uns auch wegen der Harmlosigkeit dieser Infestation nicht angebracht. Das Robert Koch-Institut erlaubt in seinem Merkblatt einen weiteren Aufenthalt in der Schule: Wenn ein (...) Kind nicht anderweitig betreut werden kann, kann dem Verbleiben in der Einrichtung bis zum Ende des regulären Aufenthalts zugestimmt werden, wenn enge Kontakte in den folgenden Stunden vermieden werden können.
Das Gesetz sagt dazu in §34(2): ... bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung ... der Verlausung nicht mehr zu befürchten ist. Dieses ärztliche Urteil liefert das RKI in seinem Merkblatt: Eltern sind gemäß § 34 Abs. 5 IfSG verpflichtet, der Gemeinschaftseinrichtung, die ihr Kind besucht, Mitteilung über einen beobachteten Kopflausbefall, auch nach dessen Behandlung, zu machen. Den Eltern sollte bewusst sein, dass das rasche Erkennen und Behandeln eines Kopflausbefalls und die pflichtgemäße Mitteilung darüber eine Voraussetzung für die erfolgreiche Verhütung und Bekämpfung in der Einrichtung sind. Die Erziehungsberechtigten sollten auch die Durchführung der Behandlung bestätigen (ob diese elterliche Rückmeldung mündlich oder schriftlich erfolgen soll, richtet sich nach den örtlichen Regelungen). Ein ärztliches Attest der Bestätigung des Behandlungserfolges ist bei Kopflausbefall zur Wiederzulassung nicht erforderlich.
Ohnehin wäre der Haupteffekt einer Attestpflicht eine höhere Dunkelziffer bei den gemeldeten Fällen und damit ist niemandem geholfen.
Abschnitt 3 des IfSG regelt das Meldewesen. Hier geht es darum, das Auftreten ernstzunehmender Krankheiten von den örtlichen Gesundheitsämtern über das Robert Koch-Institut bis hin zur Weltgesundheitsorganisation weiterzumelden. Eine Meldepflicht im Sinne dieses Gesetzesteils gibt es für Kopfläuse nicht.
Nach §34(6) sind die Leiterinnen und Leiter der Gemeinschaftseinrichtungen verpflichtet, das örtliche Gesundheitsamt zu benachrichtigen und dabei personenbezogene Angaben zu machen. Die Gesundheitsämter haben dafür meistens eigene Formblätter.
Der Nutzen dieser Benachrichtigungs- bzw. Unterrichtungspflicht erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Deswegen kommen viele Leiterinnen und Leiter von Gemeinschafts- einrichtungen dieser Verpflichtung auch nur unregelmäßig nach. Unserer Ansicht nach wäre es sinnvoll, die Gesundheitsämter würden den Gemeinschaftseinrichtungen eine Richtlinie an die Hand geben, in welchen Fällen Sie informiert werden möchten. Dies könnte z.B. bei länger anhaltendem oder sich offensichtlich ausbreitendem Befall sinnvoll sein.
Sagen wir es mal so, das Draufschlagen mit dem Gesetzbuch ist noch nicht als Behandlungsmethode anerkannt. Gegen diese Frage gibt es zwei Einwände: Zum einen: Niemand behält die Kopfläuse freiwillig. (Obwohl in der Pubertät ja die tollsten Dinge vorkommen sollen). Zum anderen: Es ist ja gar nicht so leicht, zuverlässig festzustellen, dass jemand ständig Kopfläuse hat. Denn die bloße Anwesenheit von Lauseeiern an den Haaren ist kein sicheres Zeichen. Die können auch von einer überwundenen Infestation übrig geblieben sein.
Also, ein Unterrichtsausschluß, egal ob möglich oder nicht, würde das Problem nicht lösen. Leider ist es häufig so, dass bei länger anhaltendem Befall in einer Klasse irgendwelche Bösewichte ausgeguckt werden, an denen es dann liegen soll. Tatsächlich sind aber nicht einzelne dafür verantwortlich, dass die Läuse nicht verschwinden, sondern es fehlt an einem gemeinsamen Problemverständnis und koordiniertem Vorgehen in der Elternschaft.
Versetzen Sie sich in die Lage der Eltern, die mit den üblichen Mitteln versuchen, die Läuse loszuwerden und es klappt nicht. Schlimm genug. Da muss nicht auch noch jemand mit Unterrichtsausschluß drohen. So etwas schürt nur die Panik und führt zur Geheimhaltung des nächsten Kopflausbefalls. Stellen Sie sich außerdem vor, Sie hätten die Kopfläuse erfolgreich beseitig und den Behandlungserfolg durch Auskämmen überprüft und es würde trotzdem jemand behaupten, Ihr Kind hätte ständig Kopfläuse. Hier können sich die Fronten schnell verhärten, also ersparen Sie sich und anderen diese Art von Stress.